Interaktive Website, 2024
Um die Entwicklung von künstlicher Intelligenz und die Optimierung sozialer Medien immer weiter voranzutreiben, nehmen Menschen zunehmend die Rolle von Werkzeugen an. Sie erfüllen repetitive Aufgaben bis zur Erschöpfung, sind jederzeit austauschbar und werden somit zur verbrauchbaren Ressource degradiert. Ursprünglich als Hilfsmittel gedacht, wandelt sich die Rolle der Maschine zunehmend zum Kontrolleur menschlichen Handelns. Dieser Sachverhalt wird besonders deutlich am Beispiel von Amazon Mechanical Turk1, wo Menschen für geringe Entlohnung unter maschinenüberwachtem Zeitdruck repetitive und psychisch belastende Aufgaben verrichten. „Mechanical Worker“ beleuchtet diese Entwicklungen und drängt die Nutzer*innen über die Dauer der Interaktion zunehmend in die Rolle von Clickworkern. Markieren diese Entwicklungen einen Wendepunkt in der Co-Evolution von Menschen und Computertechnologien, bei dem Menschen zu Sklaven ihrer eigenen Schöpfungen werden?
Die Ausgangsidee für mein Projekt war, eine überspitzte Performance über die sich wandelnde Mensch-Maschine Machtdynamik zu erstellen und zu filmen. Während der Umsetzung und Recherche2,3,4 wurde mir jedoch klar, dass die Situationen, die ich darstellen wollte, bereits die Realität für viele Menschen widerspiegeln. Mein Ansatz hat sich daher verschoben: Statt einer fiktiven Darstellung fand ich die realen Herausforderungen, denen Arbeiter auf Plattformen wie Mechanical Turk täglich ausgesetzt sind, relevanter und habe mich in weiterer Folge bei der Erarbeitung des Konzepts darauf konzentriert. Für diese Arbeit habe ich mich mit den Arbeitsbedingungen dieser sogenannten „Clickworker“ beschäftigt und möchte aufzeigen, wie moderne Technologien oft auf Kosten der am stärksten benachteiligten Gesellschaftsschichten entwickelt werden. Für diese Gruppen stellt Clickworking, insbesondere an abgelegeneren Gebieten, häufig die einzige Einnahmequelle dar. Alle Tasks in dieser interaktiven Arbeit basieren (teils symbolisch) auf tatsächlichen Jobs, die täglich von hunderttausenden MTurks verrichtet werden: Etwa das Generieren von Fotomaterial, das Filtern von Gewalt- und Missbrauchsdarstellungen oder die Erstellung von Labels unter enormem Zeitdruck.
In der Anfangsphase erscheint die Software harmlos, doch im Verlauf der Nutzung entwickelt sich das Erlebnis weiter und spiegelt die Verschiebung von Machtdynamiken und der veränderten gesellschaftlichen Techniknutzung wider. Unter zunehmendem Zeitdruck und aggressiver werdenden Anweisungen werden die Teilnehmenden in die Rolle der 'Mechanical Worker' versetzt, wodurch sie einen (symbolischen) Einblick in deren Arbeitsalltag erhalten. Diese Auseinandersetzung mit der Software hat bei mir selbst und bei Testnutzern aus meinem Umfeld für Irritation und Stress gesorgt. Als besonders unangenehm habe ich das Gefühl empfunden, wenn ich die Anwendung kurz verlassen habe, um etwa den Code zu bearbeiten, und dann direkt durch einen penetranten Alarm daran erinnert wurde, dass Aufgaben anstehen. Die Reaktionen der Teilnehmenden – von Unbehagen über Stress bis hin zu Angst vor schlechter Leistung – verdeutlichen die emotionalen und psychologischen Auswirkungen solcher Arbeitsbedingungen. Die Beschäftigung mit dieser Thematik hat mir noch deutlicher vor Augen geführt, dass hinter den „intelligenten“ Technologien heutzutage noch immer Menschen stehen, die eigentlich moderne Sklavenarbeit verrichten.